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2. Juli 2019

E-CarSharing: Anspruch und Wirklichkeit

Gerade haben Angela Merkel und andere Vertreter*innen der Bundesregierung auf einem gemeinsamen Treffen mit Vertretern der Automobilindustrie einen Masterplan zum Ausbau der Lade-Infrastruktur in Deutschland besprochen. Bis 2030 soll die Anzahl der Elektrofahrzeuge von derzeit 400.000 auf sieben bis 10,5 Millionen steigen. Eine Förderung des E-CarSharing wurde dabei nicht thematisiert. Und das, obwohl CarSharing-Anbieter trotz der Schwierigkeiten E-Fahrzeuge wirtschaftlich zu betreiben, Vorreiter der Elektromobilität sind. Schon heute liegt der E-Anteil in CarSharing-Flotten mit 9,1 Prozent deutlich höher als der bundesweite E-Anteil von 0,3 Prozent.  Eine Förderung von E-CarSharing könnte auch als Marketingmaßnahme wirken, die die Bedenken gegen die Nutzung und den Kauf von E-Fahrzeugen reduziert.

E-Fahrzeuge sind im CarSharing derzeit nicht wirtschaftlich betreibbar

Im Verlauf des Jahres 2018 konnten die mittelständischen, zumeist stationsbasierten CarSharing-Anbieter mit gemischten Flotten die Zahl der E-Fahrzeuge deutlich steigern. In den reinen E-CarSharing Projekten ging die Zahl der Fahrzeuge hingegen um fast 30 Prozent zurück. Dies ist vor allem dadurch zu erklären, dass für eine hohe Zahl von E-Autos die öffentliche Förderung oder die Leasingperiode ausgelaufen ist, und die Fahrzeuge sich als nicht wirtschaftlich erwiesen. Diese Entwicklung ist kennzeichnend für die Probleme, die mit dem E-CarSharing nach wie vor verbunden sind:

  • Höherer Beschaffungspreis der Fahrzeuge gegenüber herkömmlich angetriebenen Fahrzeugen (die Preisdifferenz wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass Automobilhersteller höhere Großkundenrabatte für Fahrzeuge mit herkömmlichem Antrieb gewähren)
  • Geringere Verfügbarkeit der Fahrzeuge für Buchungen aufgrund der Länge der Ladevorgänge (bzw. mehr benötigte Fahrzeuge zur Abdeckung derselben Nachfrage)
  • Geringere Auslastung der Fahrzeuge und damit geringere Einnahmen pro Fahrzeug auch aufgrund von Vorbehalten der Kund*innen gegenüber der neuen Technik (bzw. hohe zusätzliche Marketing-Kosten, um die Kund*innen an E-Fahrzeuge heranzuführen)

Für stationsbasierte CarSharing-Anbieter entstehen zudem weitere Kosten, weil sie die Ladeinfrastruktur an ihren meist auf privatem Grund befindlichen CarSharing-Stationen selbst finanzieren müssen. Öffentliche Förderprogramme greifen hier kaum.

Alle Probleme zusammengenommen sorgen dafür, dass E-CarSharing für sich alleine genommen heute für alle CarSharing-Anbieter nicht wirtschaftlich ist. Das entstehende Defizit muss entweder aus den Erlösen der übrigen Flotte gegenfinanziert werden, oder es wird durch Fördergelder oder Zuschüsse von Kommunen ausgeglichen. Im Fall der CarSharing-Angebote der großen Automobilhersteller dienen auch hohe Rabatte bei der Fahrzeug-Beschaffung und Marketing-Budgets zur Gegenfinanzierung.

Was können Bund, Länder und Kommunen tun, um das E-CarSharing zu fördern?

Angesichts der nicht gegebenen Wirtschaftlichkeit braucht der weitere Ausbau des E-CarSharing eine systematische und dauerhafte Förderung auf mehreren Ebenen:

  1. Förderung der Fahrzeugbeschaffung: Die öffentliche Hand sollte die Beschaffung von E-Fahrzeugen im CarSharing zusätzlich durch einen CarSharing-Bonus als Aufschlag auf die Umweltprämie fördern. Denn die Bereitstellung der Fahrzeuge im öffentlichen CarSharing ist mit einer verkehrsentlastenden Wirkung verbunden, die der private Besitz nicht hat.
  2. Förderung der Ladeinfrastruktur: Aktuelle Förderprogramme des Bundes beziehen sich vor allem auf öffentliche Ladepunkte. Diese Bedingung schließt das CarSharing faktisch von der Förderung aus. Denn: Stationsbasierte E-CarSharing-Fahrzeuge brauchen den Ladepunkt an dem ihnen zugeordneten Stellplatz im öffentlichen Raum. Free-floating Fahrzeuge können öffentliche Ladepunkte in der Praxis nicht rechtskonform nutzen, weil die Anbieter nicht sicherstellen können, dass die Fahrzeuge dort ausschließlich während des Ladevorgangs parken.
  3. Förderung von Marketing-Maßnahmen: CarSharing-Anbieter die Elektrofahrzeuge über die Förderperioden hinaus betreiben wollen, müssen die Kunden mit hohem Marketing- und Kommunikationsaufwand an die Technik heranführen. Dieser Aufwand, der zugleich ein Beitrag zur Durchsetzung der E-Mobilität insgesamt ist, sollte gefördert werden.

CarSharing kann ein Werkzeug zur Durchsetzung der E-Mobilität sein

Eine der größten Hürden für die Durchsetzung der E-Mobilität im privaten Bereich ist die nach wie vor nicht für alle Wegezwecke ausreichende Reichweite der Fahrzeuge verbunden mit einer Unsicherheit über die verfügbare Ladeinfrastruktur. 75 Prozent der E-Fahrzeuge in privaten Haushalten sind daher Zweit- und Drittwagen. (MID 2017)

Gemischte CarSharing-Flotten haben kein Reichweitenproblem: Die Kunden können auf E-Fahrzeuge zurückgreifen um kurze Wege zurückzulegen und zugleich Verbrenner-Fahrzeuge nutzen, wenn sie weite Strecken bewältigen müssen. CarSharing mit gemischten Flotten ist daher ein Weg, um E-Fahrzeuge schon heute effizient in die Alltagsmobilität zu integrieren.

Elektro-Quoten für das CarSharing sollten die Verkehrsentlastung nicht beeinträchtigen

Hohe Elektro-Quoten können sich aufgrund der nicht gegebenen Wirtschaftlichkeit des E-CarSharing in der Realität schnell zu CarSharing-Verhinderungsmaßnahmen entwickeln, die den Ausbau der Dienstleistung bremsen und die Expansion in neue Räume ganz verhindern. In den neuen Vergabekriterien des Blauen Engel für CarSharing (DE-UZ 100) ist daher eine im Vergleich zur nationalen Flotte ambitionierte, die CarSharing-Anbieter jedoch auch nicht überfordernde Elektro-Quote von 3 Prozent für 2019 und 5 Prozent ab 2021 vorgegeben. Eine solcher Ansatz ist auch deswegen richtig, weil das CarSharing zwar perspektivisch 100 Prozent emissionsfrei werden soll, der Hauptbeitrag des CarSharing zur Verkehrs- und Klimawende nicht auf der Antriebsart der Fahrzeuge sondern auf der das Mobilitätsverhalten verändernden Wirkung zugunsten des Umweltverbundes beruht. Und diese Entlastungswirkung wird eingeschränkt, wenn die angebotenen Fahrzeuge aus Sicht der Kunden nicht mehr alle Wegezwecke abdecken können.